eidesstattliche Versicherung

eidesstattliche Versicherung
Form der Beteuerung der Richtigkeit einer Erklärung. Die e.V. ist in vielen Fällen gesetzlich vorgeschrieben oder zugelassen, kann aber auch sonst in einem förmlichen Beweisverfahren vor einer Behörde als Grundlage für eine Entscheidung abgegeben werden.
I. Zivilprozess:Mittel der  Glaubhaftmachung (z.B. beim Arrest, der einstweiligen Verfügung, dem Armenrechtsverfahren), jedoch ist sie i.d.R. kein zulässiges  Beweismittel.
II. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen:Geregelt in § 807 ZPO.
- 1. E.V. (früher: Offenbarungseid) muss der Schuldner abgeben, wenn der Gläubiger wegen einer Geldforderung vollstreckt und die  Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen fruchtlos ausgefallen ist oder voraussichtlich ausfallen wird. Der Schuldner muss ein Verzeichnis seines gesamten pfändbaren und unpfändbaren Vermögens vorlegen und zu Protokoll die e.V. abgeben, dass er die Angaben nach bestem Wissen richtig und vollständig gemacht habe. Bei Forderungen sind auch Entstehungsgrund und Beweismittel anzugeben, ferner die im letzten Jahr (bei unentgeltlichen Verfügungen zu Gunsten des Ehegatten die in den letzten zwei Jahren) vor dem Termin zur Abgabe der e.V. vorgenommenen anfechtbaren Rechtshandlungen ( Anfechtung außerhalb einer Insolvenz).
- 2. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen  Wohnsitz oder eine Firma ihren  Sitz hat (§ 899 ZPO). Die e.V. ist gegenüber dem Gerichtsvollzieher abzugeben.
- 3. Erforderlich ist Antrag des Gläubigers (§ 900 ZPO).
- 4. Macht der Schuldner im Termin glaubhaft, dass er die Schuld binnen sechs Monaten tilgen werde, setzt der Gerichtsvollzieher den Termin unmittelbar nach Ablauf dieser Frist an. Bestreitet der Schuldner seine Verpflichtung zur Abgabe der e.V., muss darüber durch Beschluss entschieden werden (gegen den über den Widerspruch entscheidenden Beschluss ist  Erinnerung und dagegen  sofortige Beschwerde gegeben; Verpflichtung zur Abgabe der e.V. erst nach  Rechtskraft). Erscheint der Schuldner zum Termin nicht oder verweigert er ohne Angaben von Gründen die e.V., so ist auf Antrag des Gläubigers Haft anzuordnen; Verhaftung und Vorführung durch Gerichtsvollzieher; die Kosten der Durchführung kann der Gläubiger von dem Schuldner erstattet verlangen. Der Schuldner kann die Haft jederzeit durch Abgabe der e.V. beenden.
- 5. Vor Ablauf von drei Jahren braucht der Schuldner eine weitere e.V. nur abzugeben, wenn der Gläubiger unter Glaubhaftmachung vorträgt, dass der Schuldner später Vermögen erworben hat oder sein Arbeitsverhältnis aufgelöst ist. War der Schuldner bei Abgabe der e.V. arbeitslos, reicht es nicht aus, dass er nach Ablauf einiger Zeit evtl. wieder arbeitet.
- 6. Jeder Gläubiger, der die Abgabe der e.V. hätte verlangen können, erhält auf Antrag eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses vom Gericht.
- 7. Das Amtsgericht trägt den Schuldner, der die e.V. abgegeben hat, oder gegen den Haftbefehl ergangen ist, in das Schuldnerverzeichnis ein, in das jeder Einsicht nehmen kann, wenn diese Information für Zwecke der Zwangsvollstreckung oder zur gesetzlich verpflichteten Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit verwendet werden sollen; die Eintragung gilt als gelöscht, wenn drei Jahre vergangen sind (§§ 899–915h ZPO).
III. Zwangsvollstreckung wegen Herausgabe einer beweglichen Sache:Hat der Schuldner eine bestimmte  bewegliche Sache herauszugeben und wird diese vom Gerichtsvollzieher nicht vorgefunden, so hat er auf Antrag des Gläubigers zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Sache nicht besitze und auch nicht wisse, wo sie sich befinde (§ 883 ZPO).
IV. Bürgerliches Recht (§§ 259, 260 BGB):1. Die e.V. muss abgeben, wer a) zur  Rechnungslegung verpflichtet war, b) über einen Bestand an Gegenständen  Auskunft zu geben hatte, in beiden Fällen jedoch nur, wenn Grund zu Annahme besteht, dass Angaben über Einnahmen bzw. Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gegeben wurden.
- 2. Die e.V. ist bei freiwilliger Abgabe beim  Amtsgericht im Verfahren der  Freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei Verurteilung vor dem Vollstreckungsgericht abzugeben (§ 261 BGB).
V. Insolvenzrecht:Der  Gemeinschuldner hat auf Antrag des  Insolvenzverwalters die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inventarverzeichnisses (nur der Aktiva) an Eides statt zu versichern (§ 153 InsO). Maßgebend ist der Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung (nicht der Abgabe der e.V.). Keine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO). Erzwingbar nach §§ 900 ff. ZPO.
VI. Steuerrecht:Nach § 284 AO kann die Behörde nach erfolglosem Vollstreckungsversuch in das bewegliche Vermögen des Vollstreckungsschuldners, nach Verweigerung der Durchsuchung durch den Vollstreckungsschuldner oder wenn der  Vollziehungsbeamte den Vollstreckungsschuldner bei seinen Besuchen wiederholt nicht angetroffen hat, von dem Vollstreckungsschuldner verlangen, dass er an Eides Statt die Richtigkeit des aufzustellenden Vermögensverzeichnisses versichert. Das Finanzamt nimmt die e.V. selbst ab, wenn sich der Schuldner dazu bereit erklärt, andernfalls ersucht es das zuständige Amtsgericht um Vornahme. Eintragung der steuerlichen e.V. in das beim Amtsgericht geführte Schuldnerverzeichnis.
- Das Finanzamt kann eine e.V. auch über Tatsachen verlangen, die der Steuerpflichtige behauptet (§ 95 I AO). Die Versicherung an Eides statt kann nur von Beteiligten verlangt werden. Bei anderen Personen als Beteiligten  eidliche Vernehmung. Die e.V. ist dem Vorsteher des Finanzamts abzugeben. Auch in Ausübung der Steueraufsicht können e.V. von den Finanzämtern verlangt werden; wird die e.V. in diesem Fall verweigert, dürfen die Finanzämter hieraus Schlüsse ziehen, die zur Änderung einer rechtskräftigen Veranlagung führen können.
VII. Freiwillige Gerichtsbarkeit:Zur Glaubhaftmachung ist die e.V. in der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 15 II FGG) ebenso wie im Verwaltungsverfahren, so im Aufgebotsverfahren vor dem Standesamt (§ 5 III PersonenstandsG) zugelassen.
VIII. Strafbestimmungen:Die Abgabe einer falschen e.V. vor einer zuständigen Behörde ist nach §§ 156, 163 StGB strafbar; bei Vorsatz Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, bei Fahrlässigkeit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. „Vor einer zuständigen Behörde“ bedeutet, dass die Behörde überhaupt befugt ist, e.V. abzunehmen, und dass ferner die gesetzlichen Vorschriften die Abgabe einer e.V. nach Gegenstand und Verfahren vorsehen. Straflosigkeit tritt bei rechtzeitiger Berichtigung ein.

Lexikon der Economics. 2013.

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